Gewißheit

„Daraus, daß die Sonne bisher jeden Tag aufgegangen ist, folgt logisch nicht, daß sie es morgen wieder tut.“

– Carl Friedrich von Weizsäcker

Ja, daß sie morgen wieder aufgeht, ist eine (letztlich vage) Annahme.

Hier geht es um Gewißheit.
Sie ist nicht Teil der Logik.

Wir glauben (ohne explizit daran zu denken), daß unser tägliches Leben wesentlich durch logisches Denken und in seiner Folge durch logisches Verhalten geprägt sei. Ist es nicht.

Zu mehr als 95% folgen wir der a-logischen Gewißheit.

Mit a-logisch ist hier ausdrücklich nicht „unlogisch“ gemeint, weil die Unlogik selber ein wichtiges Element der Logik ist.

Wollten wir in unserem Leben dem logischen Denken in dem Maße folgen, wie wir der Gewißheit folgen, wir bräuchten mehr als doppelt so viel an Lebenszeit, bzw. wir würden in Kürze umkommen.

Universum, Ordnung & Verstand

„Wir finden ein Universum vor, das in einem unvorstellbaren Grad geordnet ist.“

– Markus Widenmeyer

Ja, diese Komplexität der „Ordnung“ ist uns unbekannt und unvorstellbar.

„Seine Ordnung gehorcht mathematischen Prinzipien, die der menschliche Geist erfassen kann.“

– Markus Widenmeyer

Das ist Quark. Ordnung, Gehorsam, Mathematik, Prinzip… sind sämtlichst Ideen unseres vorzugsweise linear funktionierenden menschlichen Verstandes. Wenn unsere Denk-Schablonen gelegentlich auf einen winzigen Ausschnitt der Wirklichkeit zu passen scheinen, können wir „Heureka!“ rufen und Bücher füllen, haben damit aber noch nichts Relevantes verstanden.

Das Universum gehorcht nicht unseren kleinen mathematischen „Prinzipien“. Das ist einfach nur albern. Es würde ja voraussetzen, daß unsere mathematischen (logischen) Ideen größer wären als das Universum. 🤗

Unsere Haupt-Denk-Art ist linear. Das Universum zeigt uns aber seine Komplexität, die wir mit unseren Sinnen (incl. aller kognitiver Fähigkeiten) nicht erfassen, nicht einmal erahnen können.

Um das Universum wenigstens im Ansatz verstehen zu können, müßten wir mindestens spielend organisch denken können. Aber dafür ist unser Tages-Verstand nicht ausgelegt.

Einiges läßt sich mit unseren kindlichen „Prinzipien“ abbilden und manches funktioniert sogar „objektiv“. Hier können wir forschen und unseren Wohlstand (oder Untergang) generieren, aber verstanden haben wir bis dahin noch nichts. Blindes Herantasten an die Wirklichkeit unserer Existenz… trifft es schon eher.

Könnten wir auch nur ein klein wenig organisch denken, dann gäbe es z.B. keinen Plastik-Müll in den Meeren, denn dann gäbe es gar keinen Müll. Dann gäbe es keine Kernkraftwerke, also auch keinen radioaktiv strahlenden Abfall.

Die meisten Probleme generieren wir damit,
daß wir meistens linear, also logisch denken.

Das heißt nicht, daß uns nicht mehr zur Verfügung steht, doch alles Weitere geht dem Verstand über sein Fassungsvermögen.

Jeder Handwerker kennt die Begrenztheit seiner Werkzeuge – der Wissenschaftler offenbar noch nicht. Doch das ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine gute Arbeit! In der Wissenschaft genauso, wie im übrigen Handwerk.

Logik oder Weisheit ?

Die Weisheit beginnt mit der… 
Entdeckung der eigenen Mitte.

Wenn wir es „logisch“ nennen, weil ein Apfel von oben nach unten fällt, heißt das eigentlich, daß wir es „normal“ finden, daß wir es genau so und nicht anders kennen, daß es wohl allgemein üblich ist, daß Äpfel von oben nach unten fallen. Weiter nichts. Es ist nicht logisch.

Denn wären wir es gewohnt, daß die Äpfel von unten nach oben fallen, würden wir eben das „logisch“, im Sinne von üblich, oder bekannt nennen.

Logik ist eine kognitive Hilfsfunktion;
sie hat nichts zu tun mit dem, was ist.

Eine beliebte Mogelei ist das Auflegen eines „logischen Netzes“ auf eine bereits abgelaufene vermeintliche Ereignis“kette“. Durch die Brille der Logik betrachtet, können uns die einzelnen Ereignisse als „logische Abfolge“ erscheinen, ohne dies auch zu sein.

• Es gibt viele Situationen und Bereiche, in denen uns Konstrukte wie die Logik von großem Nutzen sind (z.B. beim Konstruieren von Gebäuden, Flugzeugen, beim Einkaufen, u.s.w.).
• In anderen Situationen und Bereichen wiederum ist die Logik ausschließlich fehl am Platz.

Ein mit Zugang zur Intelligenz gesegneter Mensch wird unterscheiden können, er wird wissen, wann ein Gerüst nützlich und damit angebracht ist und wann nicht, wann es nur stört. Denn ein Gerüst bezieht seinen Wert nicht aus sich selbst, sondern erst und nur als Hilfestellung in einer konkreten temporären Konstellation.

Um solche Unterscheidungen treffen und um mögliche Verstrickungen in ein(em) Konstrukt vermeiden zu können, müssen wir immer eine höhere Ebene einnehmen. Es ist nicht anders möglich.

Wir müssen aus dem Denk-Konstrukt aussteigen, Abstand gewinnen. Albert Einstein drückte es mal so aus:

Albert Einstein, Problem, Denken, Nirmalo,

Das bedeutet aber nicht, daß es genügt, einfach bloß die Denkweise zu wechseln! 

Die Probleme sind aufgrund einer niedrigen Denkweise entstanden. Es macht also keinen Sinn, sie mit der selben oder sogar mit einer noch niedrigeren Denkweise lösen zu wollen! Ergo:

Wir müssen Probleme mit einer höheren Denkweise
lösen als der, auf der wir sie uns eingebrockt hatten.

Wenn wir dazu nicht in der Lage sind, wenn wir nicht aus dem Rad unserer Denkweise aussteigen können, bekommen wir nicht einmal mit, wann und wie tief wir in sie verstrickt sind.

Die Aussage, daß sich mit der Entdeckung der eigenen Mitte die Tür zur Weisheit zu öffnen beginnt, ist kein Ergebnis von Logik, sondern eine von jedermann verifizierbare existenzielle Tatsache.

Und daß für die Weisheit wiederum die Wahrheit Voraussetzung sei, ist keine logische Schlußfolgerung, sondern ein unabänderlicher Fakt.

Daß für die Wahrheit Mut, Rückgrat, Geradlinigkeit und Klarheit vorausgesetzt sind und die Bereitschaft, die imaginäre Angst davor zu überwinden, ist ebenfalls keine Frage der Logik. Dennoch ist es so.

Vieles ist erkennbar
aber nicht begründbar.

Das was ist, ist sichtbar und erkennbar, aber weder erklärbar, noch begründbar.

Ein weiterer Aspekt: Weisheit setzt die Unabhängigkeit von Anderen voraus.

Weisheit ist identisch…
mit geistiger Autonomie.

Weisheit setzt nicht nur die Freiheit zum Denken, sondern vor allem auch die Fähigkeit zur Freiheit vom Denken voraus.

Im Bereich der Weisheit und um die Weisheit herum mögen uns die Dinge logisch erscheinen, sie sind es aber nicht. Das liegt daran, daß wir uns an die Brille der Logik so sehr gewöhnt haben, daß wir bereits glauben, nur noch auf diese Weise sehen zu können, so als wäre die Logik ein wesentlicher Bestandteil, gar ein Organ unseres Sehvermögens.

Auf diese Weise ist die Logik zu einer Art Glaubenssystem geworden, das nun selbst nicht mehr hinterfragt wird, weil es als solches gar nicht (mehr) gesehen werden kann. Das bedeutet:

Die Brille der Logik…
verhindert klares Sehen.

Klares Sehen benötigt – wie auch die Wahrheit – keine Ursachen, keine Gründe, keine Voraussetzungen, keine Folgerichtigkeit.

Eine Frage der Reife

Niemand, der um seine Größe
weiß, erhebt sich über andere.

Diese ist keine Folge kognitiver Fertigkeiten, denn…

Die Geistige Reife ist nicht Teil
des Konstruktes namens Logik.

Das Phänomen Geistige Reife befindet sich, ebenso wie die Weisheit, außerhalb des denkenden Verstandes.

Die Geistige Reife darf auch nicht verwechselt werden mit einer von außen aufgesetzten, aufoktroyierten oder internalisierten Moral-Struktur.